Statt Borreliose wurden Panikattacken diagnostiziert
Daniela Forster war gerade mit ihrem zweiten Kind schwanger, als sie von einer Zecke gestochen wurde. Schon bald darauf begannen die Symptome. Die Ärzte diagnostizierten stressbedingte Panikattacken. Auf Borreliose kam man erst zwei Jahre später. Uns schrieb Daniela Forster ihre Geschichte.
"Eigentlich fing alles im September 2020 an. Das dieser Zeitpunkt mein Leben für die nächsten Jahre oder vielleicht auch für immer verändern würde, ahnte ich noch nicht. Ich war zu dieser Zeit schwanger, unsere Tochter war für Dezember 2020 ausgerechnet.
Nach einem Spaziergang im September 2020 bemerke ich am nächsten Tag, dass mich etwas an meiner linken Wade juckt. Es war eine Zecke. Da ich noch nie eine hatte und auch noch nie entfernt hatte, wartete ich einige Stunden, bis meine Schwiegermutter frei hatte und mir die Zecke ziehen konnte. Unwissend über das, was folgte, machte ich in dieser Zeit ein Pflaster über die Zecke, um zu verhindern, dass ich sie aus Versehen abreiße oder drankomme. Nachdem die Zecke gezogen war, war für mich das Thema erledigt.
Zu den ersten Symptomen nach dem Zeckenstich gehörten Blasenentzündungen, Herzrasen und Panikattacken
Im Oktober 2020 kamen eigentlich schon die ersten Symptome. Ich bekam ständig Blasenentzündungen, die trotz Antibiotika kaum wegzubekommen waren. Weiter ging es dann im Dezember 2020, kurz nach der Geburt meiner Tochter. Mir war plötzlich sehr oft schwindelig. Dazu kam immer mal wieder ein Piepen auf meinem Ohr. Ich habe mir immer noch nichts dabei gedacht. Schließlich hatte ich ja auch etwas Schlafmangel und mit 2 Kindern auch etwas Stress.
Anfang Januar 2021 bekam ich plötzlich eine Hornhautentzündung im linken Auge. Dafür bekam ich dann wieder Antibiotika. Ein paar Tage später folgte der große Zusammenbruch. Von jetzt auf gleich wurde mir so schwindelig, dass ich nicht mehr wusste, wo links und rechts ist. Es piepte in meinem Ohr, Hitze ging durch meinem ganzen Körper, mein Herz raste. Ich dachte, ich werde jeden Moment ohnmächtig. Fürchterliche Panik überkam mich. Ich hatte Angst zu sterben. Mein Zustand wurde nicht besser, also fuhren wir ins Krankenhaus. Dort kam der erste Dämpfer. Nachdem man mich nach meinen Symptomen und meiner Lebenssituation befragte hatte, war die Diagnose Panikattacke durch Stress. Schließlich hatte ich vor kurzem erst ein Kind bekommen.
Statt Borreliose wurde eine Depression diagnostiziert
Die Panikattacken häuften sich auch an den nächsten Tagen weiter. Ich ging zu meinem Hausarzt. Leider war für ihn die Diagnose ganz klar. Depressive Episode nach Schwangerschaft. Ich fühlte genau, dass etwas mit meinem Körper nicht stimmt, aber leider hat mir keiner geglaubt.
Einen Abend brach ich bei einem Abendessen bei meinen Eltern zusammen. Meine Mutter rief den Krankenwagen, der mich zur Kontrolle ins Krankenhaus brachte. Dort erzählte ich von der Zecke, da wir in der Familie schonmal einen Fall von Borreliose hatten. Aber ein Zusammenhang meiner Symptome mit der Zecke und einer eventuellen Borreliose wurde von dem Arzt verneint. Er meinte, das könne nicht sein und es wäre viel zu aufwändig, das zu testen. Ich hätte wohl einfach wieder eine Panikattacke bekommen wegen zu viel Stress. Ich solle mir einen Psychologen suchen und zum Neurologen gehen.
Der Neurologe untersuchte mich nicht wirklich, bis auf ein MRT vom Kopf (ohne Befund). Auch für ihn war die Diagnose, welche ja auch auf der Überweisung stand: Depression. Er gab mir Antidepressiva und sagte, damit würde alles wieder gut werden. Da ich es nicht besser wusste, fand ich mich irgendwann mit dieser Diagnose ab, nahm die Antidepressiva und versuchte irgendwie weiterzuleben. Leider war ab diesem Moment nichts mehr wie vorher.
Die Angst zu sterben, die ganzen Symptome (Herzrasen, Beklemmungen, Schwindel, Herzstolpern, Panikattacken, furchtbare Wadenschmerzen in der linken Wade, Watte im Kopf, Tinnitus und noch viele mehr) blieben und kamen immer und immer wieder. Ich konnte nicht mehr allein sein, immer war einer bei mir, meist meine Oma, wofür ich ihr immer noch sehr dankbar bin. Mein Mann musste leider arbeiten gehen. Er hat sich nach der Arbeit um Haushalt und beide Kinder gekümmert. Auch ihm bin ich dankbar, dass er mich nie alleine gelassen hat, auch wenn es sehr schwer war.
Erst zwei Jahre später wurde ein Borreliosetest gemacht, der positiv ausfiel
Die Zeit verging mit Höhen und Tiefen. Im September 2022 kam mein letzter schlimmer Zusammenbruch. Ich wachte mitten in der Nacht schweißgebadet, mit einem Brennen am ganzen Körper auf. Ich war mir sicher, dass ich jetzt einen Herzinfarkt bekomme und sterben muss. Ich hatte furchtbare Schmerzen im linken Arm. Das hatte ich immer mal wieder, aber diesmal war es wirklich schlimm. Daraufhin ging ich mit meiner Mutter zu einem Ostheopathen, der mir versicherte, dass meine Symptome von einer Blockade kommen und ich total verspannt bin. Ich versuchte ihm zu glauben. Nach vielen weiteren Besuchen bei ihm, machte er mich irgendwann auf Borreliose aufmerksam, da er selbst früher auch mal von einer Borreliose ähnliche Symptome hatte.
Meine Hausärztin musste ich mit Hilfe meines Mannes zu dem Borreliosetest überreden. Sie sagt, es werde keine Borreliose sein, es wären dann nur Gelenkschmerzen, die ich davon hätte. Außerdem sei der Zeckenstich ja schon über 2 Jahre her. Ich solle nicht zu viel hoffen, dass es Borreliose ist. Das war im Januar 2023.
Nach einer Woche waren wir wieder zur Besprechung bei der Ärztin. Das erste, was sie sagte war: „Frau Forster, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, Ihr Test auf Borreliose war tatsächlich positiv.“ Sie verschrieb mir allerdings nur für 3 Wochen ein Antibiotikum und war der Meinung, dass ich dann wieder geheilt wäre.
Da ich mich belesen habe zu Borreliose, wusste ich, dass das nicht ausreicht und suchte mir eine Spezialistin in meiner Nähe. Bei ihr bin ich seit Februar 2023 in Behandlung und nehme zurzeit Minocyclin; erstmal bis Ende Mai und dann wird nach einem weiteren Test und meinen Symptome geschaut, wie die Behandlung weitergeht.
Mir geht es mittlerweile etwas besser, wenn es auch mal Tage gibt, die nicht so gut sind. Das könnte allerdings auch an der Herxheimer Reaktion durch das Antibiotikum liegen. Meine Panikattacken sind so gut wie weg. Manchmal überkommt mich noch etwas Angst, aber das habe ich mittlerweile ganz gut im Griff. Die dauerhaften Schmerzen in meiner linken Wade sind seit 2 Wochen auch endlich komplett weg. Der Schwindel, Nackenschmerzen und Brustbeklemmungen überkommen mich immer mal wieder, aber alles in allem kann ich wieder ganz gut leben und sogar wieder schöne Momente genießen, ohne dass es mir schlecht geht. Ich merke, dass ich den richtigen Weg gehe und irgendwann alles wieder gut wird. Davon bin ich überzeugt.
Ich rate allen, die vielleicht ähnliches durchmachen, nicht aufzugeben und euch schon gar nicht in die Psychoecke drängen zu lassen. Das wird nämlich leider immer viel zu schnell gemacht…
Ich danke meiner ganzen Familie, meinen Eltern, Großeltern, Schwiegermutter, meinem Schwager und meiner besten Freundin, dass sie die ganze Zeit für mich da waren und mich nicht alleine gelassen haben. Besonders möchte ich meinem Mann danken, der immer an meiner Seite war."
Daniela Forster
(Foto: Daniela Forster)