Lena (29) wurde innerhalb weniger Wochen von einer Sportlerin zur chronisch kranken Frau

Lena, 29 Jahre alt, war schon immer sportlich. Sie spielte Tennis und Fußball, ging gern reiten und laufen. Im Februar 2023 lief sie ihren letzten Halbmarathon mit persönlicher Bestzeit von 1:33:11. Doch nur wenige Tage später änderte sich alles. Anfang März begann der Schwindel. Uns erzählte sie, was danach passierte…

Mit Schwindelanfällen fing alles an

„Mir wurde immer wieder schwindelig. Ein Schwindelanfall auf der Arbeit war so heftig, dass die Kollegen einen Krankenwagen riefen. Es wurde nichts gefunden. Diagnose: erste Panikattacke. Mitte März bis Ende März kamen dann heftige Rückenschmerzen hinzu, welche sich bis in Füße und Hände erstreckten. Ich war bereits beim Hausarzt in Behandlung und hatte um ein großes Blutbild mit Test auf Borreliose gebeten. Das Ergebnis teilte mir der Arzt telefonisch mit. Borreliose seit es nicht. Der IgG-Wert sei zwar positiv – ich hatte also Kontakt mit Borrelien, aber der IgM-Wert sei negativ. Ich hätte also keine akute Borreliose. Darüber bräuchte ich mir keine Sorgen zu machen. Borreliose sei es nicht. Vermutlich hätte ich ein HWS-Syndrom (Halswirbelsäule). Ich bekam ein Rezept für Physiotherapie und ging daraufhin in den nächsten Tagen nicht nur zu Physiotherapie, sondern auch zum Orthopäden, Internisten usw. An der Halswirbelsäule konnte nichts Auffälliges festgestellt werden, aber ich wurde trotzdem behandelt.

Bis Ende März ging es mir mal etwas schlechter, mal wieder etwas besser. Eines Nachts musste ich nochmals im in die Notaufnahme des Krankhauses, weil einfach nichts mehr ging. Mein Rücken tat so weh, ich konnte kaum laufen. Auch da kam nichts heraus. Die Blutwerte waren alle top. Man gab mir eine Infusion mit Schmerzmittel, aber die half nicht. Ende März teste ich dann eine Woche lang positiv auf Corona.

Erste Diagnose: Epstein-Barr-Virus

Anfang April ging ich zu einem anderen Hausarzt. Der diagnostizierte das Epstein-Barr-Virus (EBV). Es erschien wie eine Folge der Corona-Infektion und eine Lösung für meine Probleme. Allerdings hatte ich schon vor Corona diese heftigen Schwindelattacken und Gliederschmerzen etc. Trotzdem habe ich es nicht weiter hinterfragt. Ich wollte nur wieder gesund werden. Bei einer EBV-Erkrankung kann man aber nichts machen, außer sich genügend auszuruhen und das Immunsystem zu stärken.

Zu den Symptomen gehörten Herzrasen, Muskelkrämpfe, niedriger Blutdruck, rheumatische Schmerzen, Kopfschmerzen und Panikattacken

Mitte April hatte ich dann meine erste Panikattacke, welche aus nächtlichem Herzrasen und Muskelkrämpfen resultierte. Bis Mitte Mai war an Arbeiten weiterhin nicht zu denken. Ich hatte heftigen Tinnitus, Schwindel, Augenflimmern, nächtliches Herzrasen, niedrigen Blutdruck und rheumaartige Schmerzen in Füßen und Händen. Im Wechsel hatte ich ein Zittern verschiedener Körperteile, ein Taubheitsgefühl des rechten Arms, Kopfschmerzen, meine Kopfhaut tat weh und ich litt an Schlafstörungen, wofür ich fünf Wochen lang Zopiclon bekam, ein heftiges Schlafmittel. Ich musste ja schlafen, sonst würde ich den EBV-Virus nicht loswerden. Wegen meiner Panikattacke, welche etwas zunahmen, bekam ich zusätzlich Tavor verschrieben (ich hatte immer so ein heftiges Zittern meiner ganzen linken Körperseite).

Erst ein Ärztemarathon, dann die Psychotherapie

Zwischenzeitlich war ich wegen den verschiedenen Symptomen bei etlichen Fachärzten: Kardiologe, HNO, Neurologe, Internist, Orthopäde, sogar in einer Schwindeldiagnose Klinik. Ich erhielt keine Diagnose, beziehungsweise keine nennenswerten Diagnosen. Mein Bauchgefühl sagte mir immer wieder, dass da noch etwas anderes sein muss. Ich habe mich so schlecht gefühlt, wie noch nie in meinem Leben. Sowohl körperlich als auch seelisch. Mein Leben war auf einmal nicht mehr das, was es einmal war. Ich habe alles, was Spaß macht, absagen müssen. Ich konnte wochenlang keine Freunde treffen, weil ich Angst hatte, eine Panikattacke oder Muskelkrämpfe zu bekommen. Ich war außerdem super geräuschempfindlich. Etwa zwei Monate lang sah ich nicht mal  TV oder Ähnliches. Es ging wirklich nichts. Ich lag nur im Bett. Mein Freund musste mir das Essen ans Bett stellen. Duschen konnte ich auch kaum alleine. Wenn mein Freund auf Geschäftsreise war, war ich bei meinen Eltern.

Dann war ich bei der Psychotherapie und ging in meinem Kopf immer wieder durch, was mein Körper mir sagen will. Ich konnte aber einfach – zum Glück – keine negativen Dinge in meinem Leben feststellen. Doch selbst mein Freund und meine Eltern rieten mir zu der Therapie. Alle waren verzweifelt und ich hatte mich etwas aufgegeben, obwohl ich immer noch im Hinterkopf hatte, dass da noch etwas anderes sein muss. Der Ärztemarathon (der nicht viel weniger anstrengend war als ein „richtiger“ Marathon) machte mich kaputt. Ich konnte nicht mehr. Ich war plötzlich die, mit der Angststörung und sollte Stress aus meinem Leben verbannen.

Ein Hautarztbesuch ließ den Verdacht auf Borreliose wieder aufkommen

Zwischen Mitte und Ende Juni ging es mir etwas besser und ich vereinbarte auf der Arbeit eine Wiedereingliederung mit drei Stunden täglich. Richtig gut ging es mir nicht, aber ich habe mich trotzdem auf den Arbeitsalltag gefreut. An Sport war allerdings noch lange nicht zu denken. Ich war mit einem Spaziergang von 1-2 km schon super „zufrieden“.

Ende Juni war ich routinemäßig beim Hautarzt, der dann an meiner Wade einen Ausschlag entdeckte. Ich hatte diesen bis dahin für eine Sonnenallergie gehalten, weil er nur im Sommer deutlicher zu sehen war. Ich erzählte ihm meine Geschichte und er sagte sofort, dass es sich um eine Borreliose handeln müsste. Er sendete ein Stück der Haut von der Wade ins Labor. Die Blutergebnisse waren dann zwar nicht eindeutig, aber viele Unterbanden waren positiv, sodass für drei Wochen täglich Doxycyclin 200 mg einnahm. Auch die Hautuntersuchung Labor deute nicht Borreliose hin. Es sei irgendein anderer Ausschlag.

Dank Borreliose Bund zum Borreliosearzt

Im August war ich im Urlaub; das war ganz okay. Ich konnte kleine Spaziergänge machen und hatte keine großen Beschwerden. Der Tinnitus blieb, aber dagegen gibt es ja auch keine wirklichen Medikamente. Jetzt, Anfang September, wurde es alles wieder schlimmer. Viele Symptome kamen zurück, Rückenschmerzen, die bis ins Bein ausstrahlen usw. Bei meiner Recherche im Internet stieß ich auf die Website des Borreliose und FSME Bund. Ich rief an und wurde auf die Ärzteliste der Deutschen Borreliose Gesellschaft Deutschen Borreliose Gesellschaft aufmerksam gemacht.

Ich suchte mit einen der Ärzte aus, hatte Glück und konnte zeitnah einen Termin bekommen. Der nächste Arzt wäre 1,5 Stunden entfernt gewesen. Nach all den Arztbesuchen in diesem Jahr, hatte ich jetzt das erste Mal das Gefühl, einen Arzt vor mir zu haben, der Ahnung von Borreliose hat. Er konnte mir super viel erklären und sagte mir, dass ich in meinem Stadium (chronische Borreliose) nicht mit drei Wochen Antibiotika auskomme. Ich bin derzeit dabei, nochmals täglich Doxycyclin 400 mg zu nehmen. Nach etwa vier Wochen beginne ich dann eine Infusionstherapie. Ich stehe derzeit weiterhin regelmäßig in Kontakt mit dem Borreliosearzt und hoffe, er wird mich weiterhin so gut betreuen.

Entsetzt und schockiert, von der Ahnungslosigkeit vieler Ärzt in Bezug auf Borreliose 

Ich bin einfach total entsetzt und schockiert, dass es so wenig Ärzte gibt, die von dieser Krankheit Ahnung haben. Ich bin mir ganz sicher, dass man in vielen Fällen ein derartiges Ausmaß hätte vermeiden können. Wenn ich manche der Erfahrungsberichte auf der Website des Deutschen Chroniker Labors lese, macht mich das sehr traurig. Das Leben Vieler ändert sich schlagartig durch diese Krankheit. Egal wie fit man vorher war, es kann absolut jeden treffen. Ich hoffe so sehr, dass endlich mehr Menschen und vor allem Ärzte im Hinblick auf Borreliose sensibilisiert werden. Diese Krankheit ist so tückisch und imitiert etliche Krankheiten. Es macht einen einfach verrückt. Vor drei Monaten dachte ich noch, ich muss vielleicht sterben (Panikattacken, Herzrasen etc). Jetzt weiß ich zumindest, was die Ursache des Ganzen ist. Ich bin mir aber immer noch nicht sicher, ob ich mal wieder die werde, die ich einmal war…"